Was tun bei Gewitter?

Unser letzter Törn von Mahon auf Menorca nach Barceona hat mich inspiriert, in meinem Blog etwas über Gewitter auf Segelyachten zu erzählen.

Stellt Euch vor, eine Yacht segelt vor einer Gewitterfront und die Mannschaft sieht 5-6 sm vom Schiff entfernt die Böenfront auf sich zukommen. Nun sind noch 10 Minuten Zeit, bis die Gewitterzelle über einem steht. Es wird gerefft und das Vorsegel hat nur noch Handtuchgröße, um im Sturm bestehen zu können. Ist die Yacht vorschriftsmäßig mit einer fest installierten Blitzschutzanlage ausgestattet, so kann man dem Gewitter nahezu gelassen entgegensehen. Fehlt dieser jedoch wie im allgemeinen auf Charterschiffen, kann es bei einem Blitzschlag zu erheblichen Schäden und Zerstörungen kommen und die Besatzung kann relevant gefährdet werden.

Was passiert bei einem Blitzeinschlag?

Schlägt der Blitz ein, fließen für Sekundenbruchteile Ströme, die mehrere 100.000 Ampère erreichen. Ein kleinerer Blitz mit 50 Millionen Volt mal 100.000 Ampère sind eine Leistung von 5 Milliarden Kilowatt! Ohne Schutz werden so im schlimmsten Fall Funkanlage, Lichtmaschine und weitere elektrische Geräte unmittelbar zerstört. Und wenn Ihr selbst getroffen werdet, wird dies nur in den seltensten Fällen überlebt. Und nicht zuletzt kann ein fehlgeleiteter Blitz auch das Schiff versenken, indem er – aus welchem Grund auch immer – versucht, sich durch die Bordwand in das Wasser zu entladen. So schnell kann man nicht pumpen, wie das Wasser dann einströmt.

Wie kann man sich auf Charteryachten vor einem Blitzeinschlag schützen?

Auch wenn die Wahrscheinlichkeit, von einem Blitz getroffen zu werden, nicht sehr groß ist, wurde von derartigen Vorfällen berichtet. Deswegen macht es sicherlich Sinn, sich zumindest Gedanken zu machen, was man tut, wenn man dennoch in eine solche Situation kommt.

Der von den Wolken zur Erde vorwachsende Blitz „ortet“ erst im letzten Moment (innerhalb von wenigen 10 bis 100 m) den Einschlagpunkt. Diese Distanz wird Enddurchschlagstrecke genannt und wird typischerweise zu ca. 50m angenommen. Der Ort des Einschlags hängt dann einzig und allein von der elektrischen Ladungsverteilung ab. Diese gilt es zu verteilen.

Bei Segelbooten wird der Blitz fast immer in den Mast einschlagen und die Wanten oder Stage als Weg für die Ableitung zu benutzen. Diese sind als Blitzableiter aber nur geeignet, wenn sie einen Durchmesser von mindestens sechs Millimeter haben und mit einem metallenen Kiel oder Schwert elektrisch leitend verbunden sind. Ist ein Mast aus Aluminium vorhanden, muss eine leitende Verbindung zwischen Mastfuß und Metallkiel beziehungsweise Metallschwert hergestellt werden. Ein einlaminierter Kiel ist hier nicht nützlich, da die Ladung nicht direkt in das Wasser abgeleitet werden kann. Oder einfach: Stahlschiffe haben einen immanenten Vorteil, da sie als Faraday-Käfig fungieren können. Bei GFK Yachten und Holzbooten sieht das anders aus.

Das Nachrüsten eines vollständigen Blitzschutzes in Boote ist nahezu undurchführbar und nicht bezahlbar. Auf Charteryachten stellt sich diese Frage ohnehin nicht. Hier gibt es nur Notfallmaßnahmen, die getroffen werden können, um den Blitz ins Wasser abzuleiten:

  1. Als behelfsmäßiger Blitzschutz können Kupferseile dienen: Am unteren Ende von dicken Wanten oder Stagen wird an beiden Seiten des Bootes je ein dickes Kupfer- oder rostfreies Stahlseil mit einer Spezialklemme befestigt. Diese sollte korrekt und fest montiert sein, da ansonsten bei einem Einschlag an genau dieser Stelle es zu Funkenschlag kommen kann.
  2. Die Ankerkette kann als Ableiter verwendet werden. Hierzu die Ankerkette mehrmals um das Vorstag wickeln und den Anker tief ins Wasser fieren. Es ist jedoch nicht geholfen, wenn der Anker oder die Ankerkette bei schwerem Wetter ein Loch in den Rumpf schlägt.
  3. Reicht die Badeleiter vernünftig ins Wasser, kann man diese mit einem dicken Kuperseil mit dem Achterstag verbinden.

Was kann man noch tun?

  1. Die Crew gehört unter Deck!
  2. Keine Wanten, Stage, Masten, Relingsseile oder andere Metallgegenstände berühren! Steuermann möglichst weg vom Achterstag.
  3. Das Boot Sturmklar machen, mit allem was seemännisch dazu gehört!
  4. Elektrische (Klein-)Geräte in metallene Kästen packen, die als Faraday-Käfig dienen. Denn durch das magnetische Feld können Sekundärschäden auftreten.

Ansonsten wünsche ich allen, dass sie niemals in so eine bedrängende und gefährliche Situation kommen. Und wenn doch, dann wisst ihr jetzt, was ihr zu tun habt.

Weiterführende Literatur findet ihr hier: