London: Shivering Sand

Datum: 17. August 2014
Ramsgate – Queenborough [Etmal: 37 sm]

Man schaue sich das Bild mit der grünen Tonne an. Diese liegt im Osthafen von Ramsgate direkt hinter der Einfahrt des Turning Basins. Die Anweisung des Hafenmeisters war: „Fahre rechts um die Tonne und lege am Ende der Brackwasserwand außen an der Marina an.“.

Die Fragen: Wo ist bei einer Runden Tonne „rechts herum“, von wo anfangend? Was ist, wenn ich an der gesamten Spuntwand irgendwo anlegen will und vielleicht in verschiedenen Spuntwänden.

Nun: Die Rückfrage beim Hafenmeister nach dem anlegen ergibt, dass östlich der grünen Tonne bei Ebbe das Gebiet TROCKEN FÄLLT! Bei uns hätte man das Trockenfallgebiet sinnvoller Weise mit gelben Tonnen abgesperrt, zumal man auf die Untiefe nicht einmal hingewiesen wurde.


Aber das ist gar nichts: seht selber.

Motorcheck. Keilriemen war zu lose. Michael und Ernst fixen das noch. Nicole legt um 13:30 Uhr UTC+1, also UK Time, aus Ramsgate ab. Wind West 3 Bft, 30% Wolken, sonst blauer Himmel. Ich hatte mir vorher extra die Grib Files downgeloaded und die Daten sowie der Himmel sagten mir, dass die fette Front in der Nacht bereits durch war. Die Crew entscheidet: fahren!

Das Bugstrahlruder ist zu schwach, um vom Steg bei auflandigem Wind wegzukommen. Also weiter in die Achterspring und tadellos ablegen.

Danach geht es ruhig weiter in den Tonnenstrich und weiter unter Land bis zu Margate Road. Wir holen nur die Fock, um etwaigen starken Briesen schneller begegnen zu können. Kaum fahren wir um das Kap, briest erwartungsgemäß der Wind auf. Es kommt zudem eine dicke Regenwolke mit viel Wind. Die Crew rollt das Vorsegel auf, wobei das Unterliek einreißt! Mist! Muss später gefixt werden.

Weiter geht es termingerecht um 15:00 Uhr in den Queens Channel unter Motor. Da unser Navi-GPS-Plotter nicht arbeitet, sitze ich am Navitisch mit Karte und Handy-Naviapp. Die Welle 2 m, der Wind 5-6 Bft. Ich navigiere die Crew an Pan Sand und an der Windfarm vorbei. Danach geht es durch die Engstelle von Shivery Sand Richtung River Medway, welchen wir ohne Probleme um 19:00 Uhr erreichen.

Shivering Sand ist eine Gruppe von sieben Pontonplattformen, die im Zweiten Weltkrieg für die British Army gebaut wurden. Es diente der Abwehr deutscher Flugzeuge und Schnellboote, die die Docks an der Themse angriffen sowie die Fahrrinnen verminten. Das Fort wurde Anfang 1946 geräumt und die Bewaffnung demontiert. Heute steht sie – wie einige ähnliche Anlagen auch – leer oder wurden gesprengt, oder wurden von der Berufsschifffahrt versehentlich umgenietet.

Ich informiere den Marina Officer über Handy, dass wir zwischen 21:00 und 22:00 Uhr ankommen werden. Der wird dann aber schon weg sein und hinterlässt mir nur den Liegeplatz. Das heißt selber machen und vor allem kein Wassertaxi mehr.

Wir fahren vorbei an dem riesigen Wrack der Montgomery, einem amerikanischen Cargo Schiff der Liberty Klasse aus den 40er Jahren, welches in Teilen noch aus dem Wasser schaut und das ringsum mit gelben Tonnen abgesperrt ist.

Es wird langsam dunkel. Um 21:00 Uhr ist die Sonne hintern dem Horizont und danach gibt es eine Gnadenfrist von ca. 30 Minuten Resthelligkeit. In der Helligkeit haben wir Capoeira anlegefertig gemacht.

Wir fahren in den Swale rein. Dumm ist, dass Karte, Mobilkarte, sowie Queenborough Hafenkarte sich von der Wirklichkeit unterscheiden! Und nun? Es ist nahezu duster und es gibt ein abzweigendes Fahrwasser. Da wir uns westlich halten müssen, tun wir genau das, bis Jan-NL sagt, dass der Tiefenmesser plötzlich 0 m Wassertiefe anzeigt.

Vollstopp! Maschine volle Kraft zurück.

Steuermann Ernst hat sofort und schnell reagiert! Nochmal anders denken. Jetzt im großen Bogen und dann klappt es. Alles bei 4 Bft Seitenwind. Dann vorbei an den 50 Muringtonnen. Jan-RH leuchtet alles mit der Lampe aus und wir legen längs gegen den Strom am Besucherponton an und machen fest.

Das war eine topp Teamleistung! Alle hellwach und unter den widrigen Umständen super scharf mitgedacht und seemännisch gehandelt. Darauf gibt es einen „Ab-“ und gleich noch einen „Anleger“ und danach Tunfisch-Pasta. Dazu einen leckeren Rotwein. Guten Appetit. Morgen sehen wir nach der Fock.