Unerwartet: Sturm, Gewitter und Eishagel im Sommerurlaub im Mittelmeer

Datum: 2./3. September 2015
[Etmal: 146 sm]

Heute ist Rücksturz nach Barcelona.

Es ist sonnig, der Wind mäßig, das Meer ist ruhig. Für die Rückfahrt sagt die Wettervorhersage 10 kn raumen Wind ab 1:00 Uhr Nachts voraus.

Dabei soll sich die Regenfront vom Festland kommend auf’s Meer in unsere Richtung ausbreiten und sich dann wieder auflösen. Die Wachwechsel vereinbaren wir 2 stündig für ab 23:00 Uhr. Ich selber möchte dabei Gelegenheit haben die Vorhersage in der Nacht validieren zu können.

Alle halten sich daran, sich außen einzupicken und das Boot ordentlich zu halten: keine Leine im Weg! Alles und jeder an seinem Platz!

Wir haben zwar keinen Vollmond und es ist damit stockfinster, aber wir haben etwas Wind. Den Jockel dazugeschaltet ergibt das ein stabiles Schiff für die Nacht bei angemessener Geschwindigkeit.

Um 01:00 Uhr geht’s los. Wir sehen die Lichtersillouette von Barcelona mit Gewitterblitzen entlang der Küste nach beiden Seiten hin, überall, hunderte, ohne Pause. Es ist wie in der Disko. Ein Kreuzfahrtschiff scheint dabei das Spektakel, das sich bisher peripher abspielt, abzuwarten. Deswegen gehen wir auch aufgrund des Forecastes weiterhin davon aus, dass sich das Gewitter wieder zurückzieht und fahren weiter. Jedoch soll es anders kommen.

3:00 Uhr: Das Gewitter fängt an über uns hinweg zu ziehen.

Zack! Einer Links und Zack! Einer rechts. Waagerechte Himmelsblitze im Sekundenabstand, die – wie es aussieht – nach uns greifen wollen. Es sieht schon  sehr bedrohlich aus.

Wir entschließen uns Gegenkurs aufzunehmen, bis sich das Druckgebilde wieder beruhigt. Es folgt stündlicher Logbucheintrag mit Positionsvermerk. Man kann ja nie wissen. Das Material wird arg strapaziert.

5:00 Uhr: Das funktioniert Gott sei Dank, obgleich die Blitze uns sehr nahe kommen und das Gewitter in abgeschwächter Form über uns hinwegzieht. Somit nehmen wir wieder Fahrt auf Richtung Barcelona auf Gegen-Gegenkurs.

Es ist immer noch stockfinster. Der Warmsektor macht sich breit. Die Bewölkung reißt auf, der Mond kommt raus, es klärt sich auf. Wir setzen die Fock bei 15 kn Wind und schalten den Motor aus.

7:00 Uhr: Es geht weiter, die Kaltfront naht. Der Wind nimmt zu und es schüttet wie aus Kübeln. Wir werden klatschnass. Das geht eine Stunde lang.  Dabei reffen wir die Fock auf Handtuchgröße, um das Schiff stabil zu halten.

Ich will nicht wissen, wie die See aussieht. Ich höre es. Das rollen reicht mir. Aber wir trotzen Radmus. Es bleiben uns Regen und Starkwind erhalten. Wir sehen die Küste. Noch 20 sm. Die Crew hält zusammen, alle funktionieren in ihrer Rolle.

8:30 Uhr: Eine weitere Welle kommt. Der Wind nimmt noch weiter zu, wir müssen das Bimini fixieren, da wir es sonst verlieren. Es gibt jetzt schweren Hagel. Die jetzt 4 m Welle schwindet zu einer flachen Eishagelwüste.

So etwas habe ich noch nicht gesehen. Es sieht aus wie Sandsturm. Wir haben inzwischen 8 Bft. Wasser tritt durch die Fensterluken bereits ins Schiff. Unsere Sachen sind alle nass. Aber auch das meistern wir.

10:30 Uhr wird es endlich besser. Die Front ist durch. Der Hagel und der Regen sind  weg. Alles ist über uns hinweg gezogen. Wir sehen hinter uns einen schwarzen Himmel. Vor uns wieder Aufhellung, das Rückseitenwetter.

11:00 Uhr. Noch 15 sm to go. Mit Starkwind und 2 m Welle geht’s auf die Zielgeraden.

12:00 Uhr, Hafeneinfahrt: Wir bitten per Funk um Unterstützung beim Anlegen und legen 30 Minuten später bei 3 Bft Wind in der Box an.

14:00 Uhr: Kinder spielen im Hafen mit Surfbrettern und Bötchen. Ententeich… Ich schmunzle.

Tolle Crew.

Nachtrag: Die Mallorcazeitung.es vom 5.9.  berichtet:

„Regenmenge und Blitze. Nach Einschätzung des Wetterdienstes fiel das Unwetter ungewöhnlich heftig für die Jahreszeit aus …

Zu erklären sind die heftigen Niederschläge durch das in den vergangenen Wochen stark aufgeheizte Meer und kalte Luft, die aus Richtung Festland nach Mallorca strömte …

Laut dem Wetterdienst Aemet schlugen im Laufe des Tages rund um die Balearen etwa 20.000 Blitze ein, 1.000 davon auf Mallorca.“